Freiwilligenprogramm annehmen? 5 Fragen an Reiner Baeck.
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April, 2022, 3 Min
Reiner Baeck ist seit über 2 Jahren als Senior Consultant im Bereich Outplacement Beratung bei der EL-NET GROUP aktiv. Er war über 25 Jahre als Senior Manager in HR-Organisationen tätig und ist Experte für die Weiterentwicklung und Steuerung diverser HR-Prozesse von Organisationen in Deutschland und auf internationaler Ebene (Schwerpunkt Automotiv). Als ausgebildeter Berater bietet er Fach- und Führungskräften Reflexion und Coaching, um ihre Ziele erfolgreich umzusetzen und begleitet seine KlientInnen bei der strategischen Ausrichtung für die Zukunft.
Wir haben mit Reiner Baeck darüber gesprochen, welche Rolle der Outplacement-Berater bei Freiwilligenprogrammen einnehmen kann. Welche Unterstützungsleistungen bietet er für Mitarbeitende, die vor der Entscheidung stehen, ein Aufhebungsangebot anzunehmen? Wo liegt der Mehrwert für Unternehmen, seinen Mitarbeitenden einen Outplacement-Berater zur Seite zu stellen?
5 Fragen an Reiner Baeck
Der nachstehende Text basiert auf einem digital geführten Interview.
Reiner, als Outplacement-Berater wirst du von Unternehmen engagiert, um einen Trennungsprozess über das sogenannte Freiwilligenprogramm wertschätzend, fair und sozial zu gestalten. Welche Arten des Freiwilligenprogramms gibt es, um Personal abzubauen?
Bei Freiwilligenprogrammen gibt es grundsätzlich einmal die Option, dass Ausscheidensvereinbarungen einem definierten Personenkreis im Unternehmen angeboten werden. Wer dann Interesse an einem Angebot hat, geht mit HR und Vorgesetzten ins Gespräch, um die nächsten Schritte eines möglichen Trennungsprozesses in weiteren Gesprächen zu vertiefen. Die andere Option bei Freiwilligenprogrammen ist, dass Mitarbeitende von Vorgesetzten und/oder HR direkt angesprochen werden und ihnen ein Vertragsangebot zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgezeigt wird.
Was ist der Unterschied zwischen der Begleitung von Mitarbeitenden in Auffang- und Informationsgesprächen vor Vertragsunterzeichnung und der anschließenden Outplacement Beratung nach Vertragsabschluss?
Vor Vertragsunterzeichnung geht es für die Mitarbeitenden darum, eine weitreichende Entscheidung für sich zu treffen: Entweder das Unternehmensangebot zur Aufhebung abzulehnen – das ist im Freiwilligenprogramm immer eine Option – oder die Angebotsannahme. Dabei ist das Ziel von Auffang- bzw. Informationsgesprächen, die Mitarbeitenden im Prozess ihrer Entscheidungsfindung zu coachen und zu reflektieren. Der Fokus liegt also in erster Linie darauf, mit den Mitarbeitenden über beide möglichen Szenarien mit den jeweiligen Chancen und Risiken eine transparente Entscheidungshilfe zu entwickeln.
Warum sollten Unternehmen vor Vertragsunterzeichnung Auffang- und Informationsgespräche durch Outplacement-BeraterInnen anbieten?
Für Unternehmen ist das Angebot von Ausscheidensvereinbarungen auf freiwilliger Basis durchaus ein Instrument, um im Rahmen von Umbauprozessen die notwendigen Personalanpassungen vorzunehmen. Es ist jedoch für Unternehmen genauso wichtig, die Unternehmenskultur und das Betriebsklima mit dem Abbauprozess nicht zu verschlechtern. Die vom Abbauprozess nicht betroffenen Mitarbeitenden beobachten ganz genau, was in dem Trennungsprozess passiert. Sie beobachten, wie die Unternehmensvertreter und die externen BeraterInnen in dem Prozess agieren, da viele ihre eigene Befindlichkeit unter dem Blickwinkel einer später möglichen, eigenen Betroffenheit reflektieren. Der Einsatz der Outplacement Beratung im Vorfeld einer möglichen Vertragsunterzeichnung unterstützt einen fairen, transparenten Prozess, in dem die betroffenen Mitarbeitenden für sich wirklich eine fundierte Entscheidung treffen können. Nach meinen Erfahrungen, sowohl aus der Rolle des HR-Verantwortlichen als auch als Outplacement-Berater, halte ich den Erhalt des Betriebsklimas in diesem Zusammenhang insbesondere vor dem aktuellen Hintergrund der demografischen Entwicklung und des zunehmenden Fachkräftemangels zur Sicherstellung der zukünftigen Arbeitgeberattraktivität für immens wichtig.
Welche Vorteile ergeben sich für Mitarbeitende, wenn sie vor Vertragsunterzeichnung die Gesprächsangebote mit Outplacement-BeraterInnen in Anspruch nehmen?
Was wir als BeraterInnen leisten können, ist, die betroffenen Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, für sich ein Bild der Chancen und Risiken bei Verbleib im Unternehmen bzw. bei der Entscheidung zum Austritt zu entwickeln. Somit können wir den Mitarbeitenden helfen, eine transparente Basis für ihre Entscheidungsfindung zu entwickeln. Für mich ist das ein wesentlicher Mehrwert, insbesondere für Mitarbeitende, die das Abfindungsangebot für sich eher kritisch sehen bzw. in ihrer Entscheidung noch offen sind. Natürlich ist es auch wichtig, hierbei den gesamten Ablauf und die Begleitung durch uns bei einer späteren Outplacement Beratung mit den möglichen neuen Chancen in dem Zusammenhang aufzuzeigen.
Welche Unsicherheiten treten hinsichtlich der Outplacement Beratung häufig auf (und wie kann ein Unternehmen diesen entgegenwirken)?
Mitarbeitende haben häufig die irrtümliche Vorstellung, dass Outplacement-BeraterInnen von Unternehmen engagiert werden, um deren Unternehmensinteressen zu vertreten. Wenn sich die Mitarbeitenden schon vorab gegen die Annahme der Aufhebungsangebote entschieden haben, verzichten sie häufig auf die angebotenen Auffang- und Informationsgespräche und damit auf eine Chance, professionelle Unterstützung bei ihrer Entscheidungsfindung zu erhalten. Darum ist die Kommunikation über die Rolle der Outplacement-BeraterInnen als „Coach für den betroffenen Mitarbeitenden“ im Vorfeld wichtig. Entscheidend ist ebenso eine möglichst gute Einbindung der Betriebsräte.
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